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Gehirnentwicklung beim Kind

 

Unser Gehirn hat verschiedene Areale, die nicht alle gleichzeitig, sondern nacheinander entwickelt und ausgebaut werden. Beim Kleinkind ist vor allem das Stammhirn aktiv, das ist der älteste Teil des Gehirns. Es ist für überlebenswichtige Automatismen im Körper zuständig. Im Kindergartenalter bzw. ab der Autonomiephase bildet sich das Limbische System aus. Es ist zuständig für die emotionale Entwicklung und Steuerung. Der Neokortex inklusive Frontallappen - zuständig für rationales Denken, Entwicklung der Persönlichkeit, für bewusste Entscheidungen und Impulskontrolle - braucht jedoch von der Geburt an 25 Jahre (!) bis er ausgereift ist, also durch die gesamte Pubertät hindurch. Er hat viel mit der sozialen Reife zu tun.

1. Stadium der Gehirnentwicklung: Ausbildung der sensomotorischen Intelligenz (Kinder von 0-2 Jahren):


Kind entwickelt ein erstes Verständnis von der Welt und vom Raum um sich herum, Interaktion mit den engsten Bezugspersonen, Bindungsverhalten wird ausgeprägt, Sinne, Sprache und Motorik entwickeln sich, Nachahmung über Spiegelneuronen



2. Stadium der Gehirnentwicklung: Ausbildung der präoperationalen Intelligenz (Kinder von 2-7 Jahren): 


Kind beginnt, mit anderen in Kommunikation zu treten, Ich-Du-Perspektive entwickelt sich, egozentrisches Denken nimmt zu, Einfühlung ist noch schwierig, ab 5 Jahren nimmt diese Fähigkeit zu


Gehirnentwicklung: mit 6 Jahren ist das Gehirn zwei Drittel so groß wie ein Erwachsenengehirn und hat nun 5-7x mehr Rezeptoren! Der Frontallappen beginnt sich zwischen dem 3.-6. Lebensjahr zu entwickeln → wichtig für Konzentration und planerisches Denken, aber auch für ICH-Entwicklung. Auch das Langzeitgedächtnis entwickelt sich erst in dieser Zeit. Die linke und rechte Gehirnhälfte vernetzen sich nun und so kann das Kind Situationen besser beurteilen. Erst dann fängt es an, logisch zu denken oder sich in andere Menschen hineinzuversetzen. 



3. Stadium der Gehirnentwicklung: Ausbildung der konkret-operativen Intelligenz (Kinder von 7 -11 Jahren):


erste logische Aufgaben können gelöst werden, Kinder sind noch stark im Hier und Jetzt, aber Kinder können nun mehr und mehr Bedürfnisse aufschieben und entwickeln ein Zeitgefühl (dies ist allerdings von Kind zu Kind sehr unterschiedlich). Vernunftverhalten nimmt zu, moralische Fragen und Fragen nach dem „Warum“ werden gestellt.


Gehirnentwicklung: Frontallappen entwickelt sich weiter, damit steigt die Fähigkeit zur Selbstkontrolle und intellektuelle Reife nimmt zu. Sprachliche Fähigkeiten und räumliches Vorstellungsvermögen werden weiter ausgebildet (bis etwa zum Alter von 12-13 Jahren).  



4. Stadium der Gehirnentwicklung: Ausbildung der formal-operationalen Intelligenz (Kinder und Jugendliche ab 11 Jahren, bis ungefähr 19 Jahre):


Lernen ist auf abstraktem Niveau möglich, Zusammenhänge werden erkannt, Hypothesenbildung ist möglich, im Alter von 15 Jahren wäre es angesagt, die Sinne nach innen zu richten und uns mit der Innenwelt zu befassen. Dadurch, dass das in unserer Kultur nicht gemacht werden, wird das Verantwortungsgefühl erst sehr viel später entwickelt. 
Gehirnentwicklung: es wird komplett aufgeräumt, alle Nervenbahnen, die nicht benutzt wurden, werden abgebaut. Das Gehirn gleicht einer Baustelle, insbesondere der Präfrontale Cortex entwickelt sich bis über das 20. Lebensjahr hinaus. Die komplette Umstellung dieses Gehirnteils und die gleichzeitige große Einflussnahme von Geschlechtshormonen führt dazu, dass Stimmungsschwankungen und emotionsgesteuertes Verhalten an der Tagesordnung sind und dass die Vernunft auch mal komplett aussetzt.

 

 

 

Was bedeutet das für die Pädagogik und Kindererziehung?

Die langsame Entwicklung des Gehirns bedeutet, dass wir Kinder und auch Jugendliche in der Pubertät oft überschätzen und von ihnen Dinge verlangen, die noch nicht möglich sind.

 

Beispiele:

  • ein Kind mit 1,5 Jahren ist nicht in der Lage zu verstehen, dass seine Eltern "immer da sind" und es lieb haben, auch wenn das Kind für 6h bei der Tagesmutter oder in der Kita abgegeben wird.
  • ein Kind mit 3 Jahren ist nicht in der Lage, sich in die Mutter hineinzuversetzen, die ihm erklärt, dass sie doch nun dringend zur Arbeit muss und das Kind sich deshalb beeilen sollte.
  • ein Kind mit 4 Jahren ist noch nicht in der Lage "einzusehen", dass es einen "Fehler" gemacht hat, als es das andere Kind mit Sand beworfen hat um es davon abzuhalten, seine Sandburg zu zerstören.
  • ein Kind mit 5 oder 6 Jahren ist noch nicht in der Lage, sein dringliches Bedürfnis nach Bewegung aufzuschieben auf nachher, wenn der Stuhlkreis vorbei ist.
  • ein Teenager mit 14 Jahren ist nicht in der Lage vernünftig zu handeln, sondern wird sich wahrscheinlich komplett überschätzen. Ausserdem werden Gefahren ausgeblendet und Risiko falsch eingeschätzt. Wir können nicht davon ausgehen, dass Jugendliche, die mit 11 Jahren relativ vernünftig waren, es mit 15 Jahren auch noch sind.
  • ein Kind im Teenager-Alter wird kaum angemessen und sachlich reagieren können, wenn es um einen Streit geht. Die Impulskontrolle ist durch den Umbau des Frontallappens weitgehend ausgeschaltet. (Übrigens: es werden hier fast immer Themen aus der Kindheit getriggert - Bedürfnisse die damals nicht erfüllt waren und die mit einem Bindungstrauma zu tun haben.)

Bitte sei Dir einfach bewusst darüber, dass Sätze wie "...das macht man aber nicht", "...jetzt musst du dich aber entschuldigen. Sag sofort Entschuldigung", "Schatz, Mama muss jetzt wirklich zur Arbeit" "Nachher ist noch genug Zeit zum Toben..." nicht konstruktiv sind und keine nennenswerte Wirkung auf das Verhalten des Kindes haben werden. Im Gegenteil. Es wird für etwas bestraft, was es noch nicht leisten kann. Wie würdest Du Dich als ErwachseneR fühlen, wenn Du Klavier lernst und man Dich für jeden falschen Ton in den ersten Stunden bestrafen würde? Jedes Gehirn braucht seine Zeit zur Entwicklung. Die Nervenbahnen müssen sich verknüpfen. Und genauso ist es beim Klavierspielen wie auch bei der Einfühlung in andere. Wir kommen nicht als fertige soziale Wesen auf die Welt! Aber wir kommen auf die Welt mit einer ungeheuren Lernleistung. Unterstütze also das Positive, was das Kind schon kann, dann wird es dieses Potential weiter ausbauen, kleine Trampelpfade im Gehirn werden zu Autobahnen...

 

Auch das richtige Zusammenspiel von Neurotransmittern, Mikronährstoffen, Drüsen, Hormonen und Gehirnvernetzung unterstützt die Gehirnentwicklung beim Kind. In einer energetischen Behandlung schauen wir uns also alle diese Bereiche an und überprüfen, ob alles im Optimum ist.

Sehr oft sind die Gehirnhälften nicht richtig synchron, spielen also nicht wirklich gut zusammen, was sicherlich auch an unserer einseitigen Förderung in der Schule und fehlender natürlicher Bewegung in der Natur liegt. Es ist also immer förderlich Kinder das tun zu lassen, was ihnen von jeher gegeben ist: Experimentieren, Klettern, Rennen, Spielen, Balancieren, Hüpfen, Malen, Singen…all das fördert die Gehirnentwicklung am besten!

 

Dennoch möchte ich Dir noch zwei Übungen mitgeben, die die Synchronisation der Gehirnhälften fördern:

 

1. Übung: Dein Kind streckt beide Arme zu den Seiten aus, so als wollte es eine Wand von sich wegdrücken. Einatmend überkreuzen sich jetzt die Arme vor dem Kopf, der rechte Arm vor dem linken. Ausatmend wieder in die Ausgangsposition zurück. Bei der zweiten Einatmung überkreuzen die Arme jetzt hinter dem Kopf, diesmal ist der linke Arm vor dem rechten. Lass Dein Kind diese Übung wiederholen für 10 Atemzüge.

 

2. Übung: Die Hände machen Fäuste, die Daumen sind innen. Nun kreisen die Handgelenke vor der Brust so schnell wie möglich, nach vorne (für mind. 60 Sek.) und nach hinten (für weitere 60 Sek.). Der Atem ist dabei lang und tief. Du kannst die Übung auch mit geschlossenen Augen machen, dann ist sie schwieriger. Sollten die Handgelenke noch "aneinanderschlagen", bedeutet dies, dass die Gehirnhälften noch nicht gut zusammenspielen. Dann mache die Übung weiter, bis das Gefühl entsteht, es geht leicht, ohne Mühe und beide Hände führen gleichmäßig die Bewegung an.

 

Ich freue mich, wenn Dir diese Informationen dienlich sind und Du sie mit anderen Eltern oder Pädagog:innen teilst.

 

Weitere Unterstützung bekommst Du bei mir zum Thema "Energetische Lernbegleitung" und "Energetische Entwicklungsbegleitung". Beide Themen sowie die Entwicklung der Sinne, die Informationsverarbeitung im Gehirn und die Gehirnentwicklung ist auch Teil meiner Herzkompass© Familiencoach Ausbildung. Nach dieser Ausbildung kannst Du Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung unterstützen und ihnen sowie ihren Eltern wertvolle Unterstützung sein rund um die Themen Identitätsentwicklung, Emotionsregulation, Familienstärkung und Lernverhalten.

 

 


 

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